ARA setzt auf neue Geschäftsfelder: Chemisches und Textil-Recycling holen noch mehr zurück in den Kreislauf
Mit Blick auf neue und kommende EU-Verordnungen hat die ARA vier Zukunftsthemen definiert, um die Lücken im Wertstoffkreislauf zu schließen und Versorgungssicherheit für Österreich zu garantieren.
Chemisches Recycling soll noch mehr aus der Gelben Tonne zurückholen, textiles Recycling soll die Auswirkungen der Fast Fashion-Industrie reduzieren. Darüber hinaus regt die ARA einen Schengenraum für Sekundärrohstoffe in Europa sowie ein finanziell-basiertes Rücknahmesystem für Lithium-Ionen-Batterien an.
Kreislaufwirtschaft ist die Ökonomie der Zukunft – und bietet Österreich die Chance, zu einem technologischen Front-Runner für effiziente Rohstoffnutzung zu werden. Der "Green Deal“ und der Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft, die neuen Regelungen der EU-Batterieverordnung, die Textilstrategie der Europäischen Union und die strengeren Recyclingquoten für Kunststoffe geben die Rahmenbedingungen für die weitere zirkuläre Transformation vor.
„Eine zirkuläre Wirtschaft erfordert die Umstellung von Produktionsabläufen, die Einführung neuer Materialien und damit verbunden hohe Investitionen. In Österreich sind viele Produkte für den weltweiten Export bestimmt; ein Umstand, der die Schließung von regionalen und nationalen Stoffkreisläufen erschwert“, beschreibt ARA Vorstandssprecher Harald Hauke die zentralen Herausforderungen. Unter diesen Umständen sei es wichtig, langfristig die ökonomische Bedeutung der Kreislaufwirtschaft zu heben. Von Rezyklaten über chemisches und Textilien-Recycling bis zur Batteriesammlung gestaltet die ARA schon heute erfolgreich diese Zukunftsfelder, fordert aber auch ein klares Bekenntnis seitens der Politik, um sie weiter vorantreiben zu können.
1. Zukunftsthema: Gesetzgebung muss Sekundärmaterialien gleichstellen
Mit der neuen Anlage TriPlast hat die ARA gemeinsam mit Partnern eine enorme Kapazität für die Sortierung von Kunststoffverpackungen geschaffen – nicht jede davon kann jedoch wirtschaftlich sinnvoll sortiert werden. Sind sie zu stark verschmutzt oder zu klein, bestehen sie aus unterschiedlich Materialien oder setzen sie sich aus verschiedenen Schichten (chemischen Stoffen) zusammen, erschweren sie den Sortierprozess. Solche Verpackungen werden aus den Recyclingströmen (rund 20 %) aussortiert und wurden als sogenannte
Mischkunststofffraktion bisher thermisch verwertet. Die ARA hat aus diesem Grund ein Patent für die Polyolefin-Aufbereitung angemeldet. Im Zuge des Projekts „UPCYCLE“ wird in Pöchlarn aktuell eine Anlage errichtet, die diese verbleibenden Reste aufbereitet. Ab August 2024 sollen rund 50 % der sonst nur mehr thermisch verwertbaren Wertstoffe zurückgewonnen werden, die im Anschluss von der Industrie mechanisch oder chemisch recycelt werden. Am Standort Pöchlarn können fünf Tonnen pro Stunde verarbeitet werden; die Jahreskapazität liegt bei 30.000 Tonnen.
Allerdings ist chemisches Recycling aktuell durch den teilweise fehlenden Rechtsrahmen und die niedrigen Rohstoffpreise wirtschaftlich nicht immer kompetitiv gegenüber der Erzeugung von Primär-Kunststoffen (Virgin Material). Im Lebensmittelbereich ist der Einsatz von Rezyklaten aus dem klassischen mechanischen Recycling aus Gründen der Lebensmittelsicherheit nicht zugelassen – mit Ausnahme von PET-Rezyklat aus PET-Verpackungen. „Chemisches Recycling bietet die Möglichkeit, Material in Virgin-Qualität herzustellen. Würde die Gesetzgebung die Rahmenbedingungen für chemisches Recycling im Bereich von Lebensmittelverpackungen fördern, könnten wir lebensmitteltaugliche Sekundärrohstoffe zur Verfügung stellen. Dazu fehlt aktuell aber leider noch der regulatorische Rahmen und hemmt damit Investitionen“, betont ARA Vorstand Martin Prieler.
2. Zukunftsthema: Schengenraum für Rezyklate sichert Rohstoffe
Die EU-Recyclingquote für Kunststoffverpackungen (ab 2025 auf 50 %) fordert zusätzliche Sortierkapazitäten. Die Sortieranlage TriPlast kann 50 % der erforderlichen Kapazität für Leichtverpackungen in Österreich stemmen. Es wird jedoch auch notwendig sein, in benachbarten Ländern zu sortieren, um Kapazitätsengpässe auszugleichen. Die Rechtslage (grenzüberschreitende Abfallverbringung) erschwert den Export von Sekundärrohstoffen durch die Erfordernisse aufwändiger innerstaatlicher Notifizierungsverfahren. Abnehmer:innen warten sechs bis neun Monate auf die entsprechenden Mengen. Primärrohstoffe genießen hingegen eine EU-Warenfreizügigkeit und passieren die Grenzen ohne lange bürokratische Abläufe. Das stellt einen klaren Nachteil für heimische Kunststoffverwerter:innen dar.
„Ein Schengenraum für Rezyklate würde der Wirtschaft Sicherheit bei Stoffströmen und Planbarkeit von Investitionen garantieren sowie den Standort attraktiver machen und gleichzeitig die bilateralen Beziehungen bei industriepolitischen Themen mit Nachbarländern stärken“, erklärt Harald Hauke.
3. Zukunftsthema: Österreichs Textilabfälle reduzieren
Die Textilindustrie ist ein ressourcenintensiver Sektor und möchte daher einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leisten. Rund 26 kg Textilien kaufen Europäer:innen pro Jahr, 11 kg werden im selben Zeitraum entsorgt. In Österreich fallen pro Jahr rund 220.000 Tonnen Textilabfälle (Altkleider, Schuhe, Heimtextilien, Sperrmüll) an, wovon nur rund 23 % (überwiegend Altkleider und Schuhe) in Sammlung und Verwertung gelangen. Davon werden 42 % in Österreich, CE und Afrika wiederverwendet, rund 28 % recycelt und mehr als ein Viertel (30 %) thermisch verwertet.
Ab 2025 sieht die EU vor, dass Textilien getrennt erfasst werden. Dazu zählen neben Kleidungsstücken, Decken, Bettwäsche oder Gardinen auch Produkte wie Schuhe, Matratzen und Teppiche. Mit der Textilstrategie einhergehend sieht die EU ein strengeres Export-Regime für Textilien und ein Vernichtungsverbot unverkaufter Produkte vor. Die ARA sieht die Einführung der erweiterten Produzent:innen-Verantwortung im Wettbewerb mit anderen Systemen als Schlüssel, um Textilien im Kreislauf zu führen. „Über kurz oder lang benötigt es auch die entsprechenden Rahmenbedingungen, um Sortieranlagen für Textilrecycling zu errichten“, erklärt Martin Prieler.
4. Zukunftsthema: Rücknahmesystem für Lithium-Ionen-Batterien durch Incentivierung
Rund 50 % aller verkauften Batterien sind Lithium-Ionen-Batterien – die meisten von ihnen im Vergleich zu herkömmlichen Gerätebatterien mit einer sehr langen Verweildauer im Markt. In Österreich kommen jährlich 3.000 Tonnen auf den Markt; davon werden aktuell rund 300 Tonnen pro Jahr gesammelt. Die gesetzliche Sammelquote von 45 % für Gerätebatterien (Lithium-Ionen- und andere Batterien) wurde 2022 nur knapp verfehlt (44 %). Mit der seit Februar 2024 gültigen EU-Batterieverordnung hat die europäische Union neue Recyclingquoten für Gerätebatterien vorgegeben: 63 % bis Ende 2027, 73 % bis Ende 2030.
Bis 2027 evaluiert die EU-Kommission nun die Umsetzung eines entsprechenden Pfandsystems. Die Langlebigkeit von Lithium-Ionen-Batterien spricht allerdings dagegen: Nach Ende der Lebensdauer in 5 bis 15 Jahren haben die meisten Konsument:innen den Pfandeinsatz vergessen. Das macht ein derartiges System ineffektiv. Zudem seien Pfandquoten im Verpackungsbereich mit einer Durchlaufzeit von sechs Wochen konzeptioniert. Die Lösung besteht laut ARA in einem Rücknahmesystem für Lithium-Ionen-Batterien in Österreich, das sich an Lebensdauer und Marktgegebenheiten orientiert und auf Belohnung setzt. „Auch auf europäischer Ebene sollten Regulierungen gefunden werden, die für die Wirtschaft einfacher umzusetzen sind und die Menschen motivieren, Batterien korrekt zu entsorgen“, so Hauke abschließend.